Perspektive 1: Zentraler Krisenstab
Ruhe, Ruhe und nochmals Ruhe
Am 26. April 1986 flog ein Atomreaktor im eher unbekannten AKW Tschernobyl in die Luft. Was in den Wochen darauf folgte, war am europäischen Kontinent der Nachkriegszeit die erste transnationale Krise mit einem unsichtbaren Gegner: Verstrahlung. Eine der Lehren aus der Krise damals war die Einrichtung des zentralen Krisenstabs beim Land OÖ. In den Jahrzehnten seither wurde dieser sukzessive weiterentwickelt und bewährte sich bei so manchem Anlassfall wie beispielsweise den großen Donau-Hochwässern. Vor einem Jahr gab es dann mit Corona eine Bewährungsprobe ganz anderer Art. Seit Februar steht an der Spitze des Krisenstabs die neue Chefin der Direktion IKD, Mag. Carmen Breitwieser. Wie sie das Jahr erlebt hat, schildert sie im Gespräch:
Wir LBD: Frau Dir. Breitwieser, Sie haben die Corona Krise aus zwei beruflichen Perspektiven kennen gelernt: anfangs als Bezirkshauptfrau von Steyr-Land, zuletzt nun als Leiterin des zentralen Krisenstabs in Linz. Was macht den Unterschied aus?
Breitweiser: Der hauptsächliche Unterschied liegt in der Dimension der Entscheidungen. Als Bezirkshauptfrau steht man an der Front und muss umsetzen, was im besten Fall klar vorgegeben ist.
Wie kann man sich die Arbeit an der Spitze des Krisenmanagements vorstellen? Herrscht dort eher die Ruhe im Auge des Orkans, oder bläst der Wind noch rauer als sonst wo?
Das Managen einer Krise verlangt Ruhe, Ruhe und nochmals Ruhe. Diese zu bewahren gelingt natürlich nicht immer. Entscheidend ist, dass man sich niemals vom Sturm mitreißen lässt und sich immer wieder ganz schnell und konsequent auf die verantwortungsvolle Aufgabe konzentriert. Wir arbeiten hervorragend zusammen. Wenn jemand kurzzeitig versucht ist, die „Nerven wegzuwerfen“, unterstützen wir uns gegenseitig.
Kann man nach 12 Monaten Krisenmanagement in der Landesverwaltung inzwischen irgendwie von Routine reden, oder zwingt einem Corona weiterhin von Tag zu Tag seine eigene Agenda auf?
Von Routine sind wir leider weit entfernt. Mutationen, Dauertestungen, neue Testverfahren, Impfungen etc. sorgen dafür, dass wir beinahe täglich eine neue „Überraschung“ erleben, die uns massiv fordert und den Tagesablauf bestimmt.
Die Krisenstabsarbeit hat die Linienarbeit in der Landesverwaltung streckenweise zum Erliegen gebracht. Wie schaut es jetzt mit den Ressourcen aus?
Tatsächlich ist es weiterhin so, dass wir jede Kollegin und jeden Kollegen brauchen. Ich sehe es als wunderbares und den Oö. Landesdienst besonders auszeichnendes Zeichen der Solidarität, dass wir zusammenhelfen, obwohl wir alle viel Arbeit in der Linie hätten/haben.
Krisenmanagement läuft auf vielen Ebenen. Die einen preisen den Föderalismus als in der Krise besonders effektiv, andere machen ihn für alles verantwortlich, was zu lange, zu kompliziert und unübersichtlich ist. Sehen Sie in Sachen Kompetenzverteilung Verbesserungsbedarf?
Ich bin überzeugt, dass sich der Föderalismus und insbesondere auch die Bezirkshauptmannschaften in der Krise bewährt haben. Das zuständige Bundesministerium kann ja Vorgaben machen, die österreichweit einheitlich gelten, soweit sie nur nachvollziehbar und klar genug sind. Sind sie das nicht, müssen sie interpretiert werden und hier kann es zu Unterschieden kommen. Das hat mit dem Föderalismus nichts zu tun.
Der Großteil Österreichs wartet auf die Impfung. Wann sind wir Landesbedienstete dran?
Wenn Landesbedienstete nicht aus anderen Gründen früher geimpft werden, werden sie mit allen anderen Oberösterreicherinnen und Oberösterreichern geimpft, sobald genügend Impfstoff vorhanden ist.
Wo planen Sie heuer Ihren Sommerurlaub?
Sollte im Sommer ein Urlaub möglich sein, werden wir Verwandte in Südtirol besuchen und ansonsten aus heutiger Sicht in Österreich bleiben.